Eine Antwort auf den Beitrag zur Genderdebatte von Bischof Stefan Oster, Bischof von Passau
Bischof Stefan Oster hat sich gestern erneut zum Thema „Gender“ geäußert, nicht zuletzt, weil die Deutsche Bischofskonferenz einen Flyer herausgegeben hat, welcher vom Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer einer Grundsatzkritik unterzogen wurde. Bischof Voderholzer empfiehlt als Antwort auf den Flyer der DBK den Flyer von Kirche in Not.
Bischof Oster versucht hingegen in seinem Beitrag die Dinge differenziert zu betrachten. Dies scheint mir im Bezug zum „Gender-Mainstreaming“ nicht recht zu funktionieren.
Eine offene Antwort an einen Bischof, den ich sehr schätze.
Lieber Herr Bischof Oster,
vielen Dank für ihren Beitrag zu diesem Thema. Im Generellen geben Sie mit ihrem Beitrag eine gesunde Richtung vor. Ich bin mir sicher, dass Sie mit dem Herz bei der Sache sind. Und das ist gut so!
Sehr scharfsinnig finde ich ihre Beobachtung und Erklärung, wie Sie die Inkonsistenz vieler Anhänger der „Gender-Ideologie“ darstellen (Sie führen einen Familienvater an, welcher sich zur Homosexualität „bekennt“ und von dieser Lobby gefeiert wird, ein Homosexueller jedoch, welcher sich zur Heterosexualität „wandelt“ von der gleichen Gruppe als „fundamentalistisch“ oder gar „faschistoid“ gebrandmarkt wird). Zum einen also die Einstellung, dass sexuelle Präferenzen unveränderbar im Menschen vorhanden sind; zum anderen jedoch ein wandelbares Bild von solchen Präferenzen.
Folgende Dinge sind mir aufgefallen, welche ich, in aller Hochachtung zu Ihrem Amt und Ihrer Person, zur Überarbeitung anrate:
Sie sagen ganz klar, dass es „nicht-heilsein“ gibt – also eben auch Krankheiten. Sie sagen auch, dass Menschen mit einer Krankheit (wie z.B. eine Behinderung) auf die Welt kommen können (als Konsequenz aus dem Sündenfall). Und sie bekennen sich dazu, dass Gestaltungsspielraum zur geschlechtlichen Identität uns Menschen „am wenigsten zur Verfügung“ stehen kann.
Aber dann folgern Sie – aus meiner Sicht – in eine Richtung, welche Menschen in gefährlicher Weise verwirren kann:
„Gleichwohl gibt es auch hier aus meiner Sicht keine absolute Grenze. Nur eines von vielen möglichen Beispielen: Fühlten wir uns berechtigt, ein negatives Urteil über den Wunsch nach Geschlechtsumwandlung zu fällen bei einer Frau, einer Spitzensportlerin, die von früher Kindheit an und ohne ihre Zustimmung systematisch mit männlichen Hormonen behandelt wurde, um ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern?“
Um hier eine Antwort zu geben, möchte ich vor allem Ihre Argumente verwenden, warum wir Christen dieser Sache (Geschlechtsumwandlung) nicht positiv entgegenstehen können. Und ja, wir sollen und müssen in Liebe einer solchen Frau begegnen – und ihre Not sollen wir auch erkennen. Doch scheint es mir der falsche Weg zu sein, ihr zu einer solchen „Umwandlung“ zu raten bzw. nicht davon abzuraten, da wir Christen dieser Frau WAHRE Hilfe schenken wollen.
So ist es zunächst notwendig, dass erkannt wird, dass hier etwas „nicht-heil“ (oder eben auch krank) ist. Und auch der Wunsch zu einer solchen Geschlechtsumwandlung – so verständlich es auch für einen Menschen in der heutigen Gesellschaft ist – als ein Begehren erkennen, welches nicht gut ist, da es nicht der Ordnung Gottes entspricht – denn Gott hat diese Frau als Frau geschaffen. Ja, es ist ein Kreuz, welches ihr der Herr gegeben hat.
Und genau deshalb ist es wichtig, ihr Schritt für Schritt die Wichtigkeit des Kreuzes und des Leides zu erklären – damit sie die wahre Christusnachfolge antreten kann. Christus selbst ist in dieser Sache ganz klar:
Mt 10,38 „Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig.“
Lk 9,23 „Zu allen sagte er: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“
Mk 8, 34 „Er rief die Volksmenge und seine Jünger zu sich und sagte: Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“
Und auch Paulus erklärt, was es bedeutet, Christus nachzufolgen (Gal 5, 24): „Alle, die zu Christus Jesus gehören, haben das Fleisch und damit ihre Leidenschaften und Begierden gekreuzigt.“
Die Geschlechtsumwandlung wäre eine kurzfristige Freude für diese Frau, doch wäre es keine echte Hilfe für sie. Sie würde einer großen Illusion unterliegen. Wie segensreich wäre es jedoch für sie und die ganze Welt, wenn sie lernt, das Kreuz anzunehmen und ihre Schwierigkeiten aufzuopfern.
Ja, ich glaube, an diesem Punkt lassen sich große Parallelen zu den kanonisierten Heiligen ziehen – denn kein Heiliger, den ich kenne, hatte ein leichtes Leben auf dieser Erde. Sie haben das Leiden aber ertragen und aufgeopfert – oft im Stillen. Dadurch wurden sie zu einem großen Segen für die Welt.
Kurzum: Christen sind Realisten – und das bedeutet auch, das Schlechte nicht einfach „auszuklammern“.
Diese Sache ist nicht ansprechend genug?
Jesus‘ Botschaft war auch schon zu seiner Zeit „nicht ansprechend genug“ – sogar für viele seiner Jünger:
Joh 6, 60: „Viele seiner Jünger, die ihm zuhörten, sagten: Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören?“
Und sie trennten sich sogar von ihm:
Joh 6, 66 „Daraufhin zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher.“
Spätestens hier hätte doch Jesus sagen müssen: „Hey das habe ich doch gar nicht so gemeint!“ …hat er aber nicht – er ist seinem Wort treu geblieben und hätte sogar noch die letzten 12 gehen lassen:
Joh 6, 67-68 „Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen? Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“
(Bei dieser Stelle ging es übrigens um die wahre Bedeutung der Eucharistie – ein „must-read“!)
Ich glaube, dass der Christliche Glaube befreien will und wird – und zwar von jeder Schwachheit und Sünde. Jedoch ist es dazu wichtig, die Schwäche vor den Herrn zu bringen und das Kreuz anzunehmen.
Aber wie ist das jetzt mit dem Genderbegriff?
Der Begriff „Gender-Ideologie“ ist inzwischen ganz klar eine Ideologie gegen das christliche Menschenbild geworden. An jeder nur erdenklichen Stelle wird versucht, die Rolle und die Aufgaben von Mann und Frau zu zerstören und den Begriff der Geschlechter in einer chaotischen Weise auszudehnen (vgl. dazu das Wesen des Teufels: „Diábolos“ wörtlich „Durcheinanderwerfer“).
Wir müssen uns bewusst sein, dass Kinder (aber auch Erwachsene) tatsächlich beeinflussbar sind. Ob im Guten oder auch im Schlechten. Hier geht es um den Schutz der Kinder, und deshalb ist diese Ideologie als nicht verhandelbar abzustoßen.
Ein Beispiel: Der Nationalsozialismus war ebenso eine Ideologie, welche sich im Land immer mehr ausgebreitet hatte. Der selige Rupert Mayer war ein erbitterter Gegner dieser Ideologie: „Ich werde nicht schweigen“ waren seine Worte.
Ja, und auch wenn gute Dinge für eine solche Ideologie missbraucht werden, dann können wir das nicht gutheißen. So war zum Beispiel die Hitlerjugend eine Form von Zuwendung für die Jugendlichen. Das Ziel dieser Gruppen war es im letzten jedoch, Kinder mit schlechtem Gedankengut „zu füttern“. An dieser Stelle wurden auch die Eltern „außen vor“ gelassen.
Und in ähnlicher Weise passiert das im Moment leider (wenn auch noch nicht so offensichtlich) durch unser Schulsystem und unsere Bildungseinrichtungen. Genderideologie ist schon in sämtliche Gesetze eingeschrieben (und das schon vor vielen Jahren) – ohne dass dies die Eltern entschieden hätten.
Je größer jedoch der gesellschaftliche Druck auf die Menschen wird, welche diese Ideologie abstoßen, desto mehr Menschen werden diese Ideologie akzeptieren. Wir dürfen nicht vergessen, dass auch der Nationalsozialismus im Laufe der Zeit immer mehr Zuspruch gefunden hat.
Müssen wir diesen Fehler wiederholen? Darauf mag sich jeder selbst eine Antwort geben.
Mein Appell an Sie, lieber Bischof Oster: Bitte überdenken Sie noch einmal diese Dinge.
Vergelt’s Gott!
Bischof Oster ist kein Unbekannter, denn er hat Mut die Wahrheit zu verkünden – nicht weniger schwer wurde er dafür schon an den Pranger gestellt. Manchmal auch von Seiten des offiziellen Portals der katholischen Kirche „katholisch.de“ (dazu mehr im Beitrag „Die Liebe zählt“ – zum Thema Homosexualität). Ich bin überzeugt, dass Bischof Oster von Herzen sein schweres Amt ausführt. Dieser Beitrag soll deshalb Hilfe für jeden sein, die Wahrheit zu finden – und keine Grundsatzkritik am Wirken von Bischof Oster.
Die Antwort von Bischof Dr. Stefan Oster SDB (per Mail am 27.10.2015 zugegangen):
Vielen herzlichen Dank für Ihre Antwort, lieber Herr Bischof!
Heute wurde ich auf eine tolle Linkliste zum Thema „Gender“ aufmerksam gemacht, die ich keinem vorenthalten möchte:
Linkliste zum Thema „Gender/ Gender Mainstreaming“ – Frischer Wind
Vielen Dank dafür! Mit diesen Quellen mag sich ein jeder selbst ein Bild von der momentanen Situation machen.