KIK: Katholisch im Kreuzfeuer
Christen werden in vielen Bereichen der Welt blutig verfolgt. Besonders bei der aktuellen Situation im nahen Osten bekommt dieses Thema eine brandneue Aktualität und lässt die Hintergründe der Kreuzzüge besser verstehen. Das Lesen lohnt sich!
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von P. Markus Christoph SJM.
Der Vorwurf: Die Kirche hat im Mittelalter zu gewaltsamen Kreuzzügen aufgerufen. Damit habe sie ihre eigene Botschaft des Friedens verraten und im Namen der Religion ungerechte Eroberungsfeldzüge geführt. Eigentlich seien die Kreuzzüge nichts anderes gewesen als ein Djihad von Seiten der Christen.
Für eine faire Beurteilung der Kreuzzüge müssen wir zuerst die damalige geschichtliche Situation näher kennen lernen.
Die Vorgeschichte
Wie wir aus dem NT wissen, wurde Palästina zur Zeit Jesu als Provinz des (Ost-)Römischen Reiches verwaltet. Im Jahr 325 lies Kaiser Konstantin über dem Grab Jesu die Grabeskirche erbauen. Unter Kaiser Theodosius (+395), der das Christentum zur Staatsreligion des Römischen Reiches erhob, wurde Jerusalem zum wichtigsten Wallfahrtsziel der gesamten Christenheit.
Eroberung Jerusalems durch den Kalifen Umar. Dies blieb so bis zur großen Expansion des Islams im 7. Jahrhundert. Im Jahr 638, nur sechs Jahre nach dem Tod Mohammeds, wurde Jerusalem von Kalif Umar erobert. Die christlichen Bewohner leisteten keine Gegenwehr, denn der Kalif garantierte ihnen schriftlich »absolute Sicherheit für Euer Leben, Euren Besitz und Eure Kirchen«. Sie wurden lediglich – wie alle »Ungläubigen« ‒ zu einer Religionssteuer verpflichtet. Doch im Laufe der Zeit änderte sich die Stimmung: Als 966 ein Heer des oströmischen Reiches von Byzanz aus Teile des von den Muslimen besetzten Syriens zurückeroberte, rächten sich diese an den Christen in Jerusalem. Unter anderem wurde das Dach der Auferstehungskirche in Brand gesetzt.
Eroberung Jerusalems durch die Fatimiden. Kurze Zeit später fielen die Fatimiden in Palästina ein, muslimische Berber aus Marokko (Abstammung von Mohammeds Tochter Fatima) und eroberten 979 unter Kalif Ibn Moy Jerusalem. Jetzt wurde die Auferstehungskirche völlig niedergebrannt, die Kuppel stürzte ein, der Patriarch kam ums Leben. Als Ibn Moys weiterer Angriff auf das byzantinische Reich scheiterte, rächte er sich an den Christen in seinen besetzten Ländern, also auch in Palästina: Prozessionen wurden verboten, man drängte die Christen aus allen öffentlichen Ämtern oder zwang sie zur Annahme des Islams, rund 30.000 Kirchen wurden damals enteignet oder geplündert, die heiligen Stätten in Jerusalem geschändet. 1009 befahl der Kalif, die Reste der Auferstehungskirche »zu zerstören, ihre [christlichen] Symbole zu entfernen und alle Spuren von ihr und die Erinnerung an sie zu beseitigen.« Die Kirche wurde bis auf die Grundmauern geschleift, »mit Ausnahme dessen, was nicht zerstört werden konnte oder nur mit Mühe auszugraben und fortzuschaffen war.« Das Heilige Grab selbst sollte weggemeißelt werden. Der Augenzeuge Ademar von Jerusalem berichtet: »Da sie nicht imstande waren, ihn zu zerschlagen, setzten sie den Felsen einem mächtigen Feuer aus.« Das Feuer wurde mit kaltem Wasser gelöscht, der brüchig gewordene Stein abgebrochen. Nur die Steinbank, auf der einst der Leichnam Jesu lag, trotzte der gewaltsamen Verwüstung. Die westliche Christenheit war über diese Vorgänge entsetzt. Trotzdem verschärfte sich die Unterdrückung der Christen noch weiter: 1056 wurden zahlreiche Christen aus Jerusalem ausgewiesen und europäische Pilger durften die Örtlichkeiten der Grabeskirche nicht mehr betreten. Nach einem Bericht von Berthold von Reichenau waren Pilgerfahrten nur noch unter militärischer Begleitung möglich.
Eroberung Jerusalems durch die Seldschuken. Im Jahr 1077 wurde das von den Fatimiden beherrschte Jerusalem von den Seldschuken, einem ebenfalls muslimischen Steppenvolk aus dem heutigen Turkmenistan, unter der Führung von Emir Atsiz bin Uwaq erobert. Continue reading →